1. KI-Systeme, die ein Risiko darstellen, sind als "Produkt, das ein Risiko darstellt" im Sinne von Artikel 3 Nummer 19 der Verordnung (EU) 2019/1020 zu verstehen, sofern sie ein Risiko für die Gesundheit oder Sicherheit von Personen oder für die Grundrechte darstellen.
2. Hat die Marktüberwachungsbehörde eines Mitgliedstaats hinreichenden Grund zu der Annahme, dass ein KI-System ein Risiko im Sinne von Absatz 1 des vorliegenden Artikels darstellt, so bewertet sie das betreffende KI-System im Hinblick auf die Einhaltung aller in dieser Verordnung festgelegten Anforderungen und Verpflichtungen. Besondere Aufmerksamkeit wird AI-Systemen gewidmet, die ein Risiko für schutzbedürftige Gruppen darstellen. Werden Risiken für die Grundrechte festgestellt, unterrichtet die Marktüberwachungsbehörde auch die in Artikel 77 Absatz 1 genannten einschlägigen nationalen Behörden oder Stellen und arbeitet uneingeschränkt mit ihnen zusammen. Die betreffenden Betreiber arbeiten soweit erforderlich mit der Marktüberwachungsbehörde und den anderen in Artikel 77 Absatz 1 genannten nationalen Behörden oder Stellen zusammen. Stellt die Marktüberwachungsbehörde oder gegebenenfalls die Marktüberwachungsbehörde in Zusammenarbeit mit der in Artikel 77 Absatz 1 genannten nationalen Behörde im Verlauf dieser Bewertung fest, dass das AI-System die Anforderungen und Pflichten dieser Verordnung nicht erfüllt, fordert sie den betreffenden Betreiber unverzüglich auf, innerhalb einer von der Marktüberwachungsbehörde vorgeschriebenen Frist, in jedem Fall aber innerhalb von 15 Arbeitstagen, oder, falls dies in den einschlägigen Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union vorgesehen ist, innerhalb einer kürzeren Frist alle geeigneten Korrekturmaßnahmen zu ergreifen, um die Konformität des AI-Systems herzustellen, das AI-System vom Markt zu nehmen oder zurückzurufen. Die Marktüberwachungsbehörde unterrichtet die betreffende notifizierte Stelle entsprechend. Artikel 18 der Verordnung (EU) 2019/1020 gilt für die in Unterabsatz 2 des vorliegenden Absatzes genannten Maßnahmen.
3. Ist die Marktüberwachungsbehörde der Auffassung, dass sich die Nichtkonformität nicht auf ihr Hoheitsgebiet beschränkt, unterrichtet sie die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten unverzüglich über die Ergebnisse der Beurteilung und die Maßnahmen, zu denen sie den Betreiber aufgefordert hat.
4. (4) Der Betreiber stellt sicher, dass alle geeigneten Korrekturmaßnahmen in Bezug auf alle betroffenen KI-Systeme, die er auf dem Unionsmarkt bereitgestellt hat, ergriffen werden.
5. (5) Ergreift der Betreiber eines KI-Systems innerhalb der in Absatz 2 genannten Frist keine angemessenen Korrekturmaßnahmen, so trifft die Marktüberwachungsbehörde alle geeigneten vorläufigen Maßnahmen, um die Bereitstellung des KI-Systems auf ihrem nationalen Markt oder seine Inbetriebnahme zu untersagen oder einzuschränken, das Produkt oder das eigenständige KI-System von diesem Markt zu nehmen oder zurückzurufen. Diese Behörde unterrichtet die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten unverzüglich über diese Maßnahmen.
6. (6) Die Mitteilung gemäß Absatz 5 enthält alle verfügbaren Angaben, insbesondere die zur Identifizierung des nichtkonformen KI-Systems erforderlichen Informationen, die Herkunft des KI-Systems und die Lieferkette, die Art der behaupteten Nichtkonformität und des Risikos sowie die Art und Dauer der ergriffenen nationalen Maßnahmen und die Argumente des betreffenden Betreibers. Die Marktüberwachungsbehörden geben insbesondere an, ob die Nichtkonformität auf einen oder mehrere der folgenden Punkte zurückzuführen ist:
(a) die Nichteinhaltung des Verbots der in Artikel 5 genannten AI-Praktiken;
(b) die Nichteinhaltung der in Kapitel III festgelegten Anforderungen durch ein AI-System mit hohem Risiko,
Abschnitt 2;
(c) Mängel in den harmonisierten Normen oder gemeinsamen Spezifikationen gemäß den Artikeln 40 und 41, die eine Konformitätsvermutung begründen;
(d) Nichteinhaltung von Artikel 50.
7. Die Marktüberwachungsbehörden, mit Ausnahme der Marktüberwachungsbehörde des Mitgliedstaats, der das Verfahren eingeleitet hat, unterrichten die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten unverzüglich über alle erlassenen Maßnahmen und jede weitere ihnen vorliegende Information über die Nichtkonformität des betreffenden KI-Systems sowie, falls sie der gemeldeten nationalen Maßnahme nicht zustimmen, über ihre Einwände.
8. Erhebt weder eine Marktüberwachungsbehörde eines Mitgliedstaats noch die Kommission innerhalb von drei Monaten nach Eingang der in Absatz 5 des vorliegenden Artikels genannten Mitteilung Einwände gegen eine vorläufige Maßnahme, die von einer Marktüberwachungsbehörde eines anderen Mitgliedstaats getroffen wurde, so gilt diese Maßnahme als gerechtfertigt. Dies gilt unbeschadet der Verfahrensrechte des betroffenen Betreibers gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2019/1020. Die in diesem Absatz genannte Dreimonatsfrist wird auf 30 Tage verkürzt, wenn das Verbot der in Artikel 5 dieser Verordnung genannten AI-Praktiken nicht eingehalten wird.
9. Die Marktüberwachungsbehörden stellen sicher, dass unverzüglich geeignete restriktive Maßnahmen in Bezug auf das betreffende Produkt oder das betreffende AI-System ergriffen werden, wie etwa die Rücknahme des Produkts oder des AI-Systems von ihrem Markt.